Anreise mit Auto-Pilot
Heute klingelt der Wecker kurz vor 6 Uhr, denn dreiviertel 10 geht unser Flug von Leipzig nach München. Wir machen uns fertig, bringen den letzten Müll raus und beladen das Auto. Am Sonntag in der Früh ist nix los auf den Straßen und wir kommen flott zum Airport. Dank vorgebuchtem Parkticket ist ein Platz im Parkhaus reserviert und beim Check-In geht auch alles flott. Wir bekommen die Bordkarten und müssen, wie immer, die Kühlbox beim Sperrgepäck abgeben. Dann geht es ohne viel Anstehen durch die Sicherheitskontrolle, denn es gehen zur gleichen Zeit lediglich noch ein Flug nach Frankfurt und zwei nach Antalya. Bis hierhin läuft alles rund und ich könnte mir langsam Gedanken machen, was wir mit fast 8 Stunden Aufenthalt am Münchner Flughafen so anfangen.
Eigentlich hätte ich einen solchen langen Aufenthalt nicht gebucht, aber Eurowings Discover (ED) hat uns etwa drei Wochen vor der Reise mitgeteilt, dass der Flug jetzt 6 Stunden später geht. Grund ist die Übernahme des Fluges durch FinnAir, die mit einem A 350 für ED fliegen. Als positiver Nebeneffekt kommt dann dazu, dass FinnAir in den Maschinen keine Premium Economy hat und die dort gebuchten Passagiere die Sitze der Business-Class nutzen können. Und da wir nun über Nacht fliegen, freuen wir uns auf das „Upgrade“, welches es uns erlaubt, uns zum Schlafen richtig hinlegen zu können.
Ich habe kurz überlegt, ob ich uns auf einen späteren Zubringer umbuchen lasse, aber Petra hat eher ein Problem mit kurzen Umstiegszeiten als mit längerem Warten. Dass dies eine gute Entscheidung war zeigt sich noch im Laufe der heutigen Ereignisse.
Und diese Ereignisse überschlagen sich ab jetzt. Kurz bevor für uns Boarding-Time ist, kommen vom Obergeschoss jede Menge Passagiere zu den Gates im Erdgeschoss. Dann taucht erstaunlich viel Bundespolizei auf und wir ahnen schon, hier ist irgendwas nicht so, wie es sein sollte.
Es gibt verschiedene Spekulationen, aber am Ende verdichtet sich eine Version, bei der es zu einem Gasaustritt aus der Decke im Obergeschoss gekommen sein soll. Vielleicht findet sich später in der Presse ein Hinweis auf die tatsächliche Ursache.
Eine Weile passiert nichts weiter, bis dann der Aufruf kommt, dass das Terminal geräumt werden muss, alle Passagiere den Sicherheitsbereich verlassen müssen und noch einmal durch die Kontrolle gehen sollen. Zu dem Zeitpunkt rechnen wir nur mit einer größeren Verspätung.
Die Abfertigungshalle füllt sich und ich mache von der Empore aus mal ein Foto von dem Trubel, der sich so nicht mal in der Hochsaison hier abspielt. Wir warten geduldig darauf, dass die Sicherheitskontrollen starten und man hat ja Verständnis, dass erst alle raus müssen, ehe man die Fluggäste wieder an die Gates lässt.
Es kommen erste Ansagen, dass die Passagiere von drei Flügen (unserer ist mit dabei) zuerst durch die Sicherheitskontrolle sollen und obwohl noch nichts voran geht, beginnt ein Geschiebe und Gedränge. Wir stehen irgendwo mittendrin, Petra gibt mir noch meine Bordkarte, falls wir getrennt werden und dann warten wir.
Mit einer weiteren Durchsage wird unser Flug abgesagt und alle Passagiere sollen sich zum Lufthansa-Schalter in der Check-In-Halle begeben. Die beiden Mitarbeiterinnen, die eigentlich grad Feierabend machen wollen, weil erst am Nachmittag die nächsten Flüge von Lufthansa geplant sind, wissen garnicht wie ihnen geschieht. Es wird telefoniert, mit dem Ergebnis, dass alle Fluggäste des Münchener Fluges ihr Gepäck abholen und sich dann wieder zum Schalter begeben sollen.
Nachdem wir heute also zum dritten Mal den Weg zwischen Check-in und Abflughalle unter die Füße genommen haben stehen alle Leute wieder an, nur diesmal halt mit ihrem Gepäck dabei. Um uns herum wird es unruhig, weil ewig nichts passiert. Man sieht Passagiere mit den Mitarbeiterinnen diskutieren, diese immer wieder telefonieren, aber sonst passiert nix.
Im digitalen Zeitalter denkt man ja, dass man in der App von Lufthansa informiert wird, wie es weiter geht, aber „denkste!“. Wir sehen lediglich, dass LH 2165 pünktlich von Leipzig nach München geflogen ist, nur ohne Passagiere.
Da es weiterhin keine Infos gibt, prüfe ich schon mal unsere Optionen. Dadurch dass unser Abflug in München von Mittag auf abends gelegt wurde, haben wir ja viel Puffer. Eigenes Auto wird problematisch, weil vollelektrisch kommen wir nicht ohne Ladestopps bis nach München. Auch müssten wir uns Gedanken machen, wie wir nach dem Urlaub ans Auto kommen, weil der Rückflug über Frankfurt geht.
Ich versuche per App einen Mietwagen zu buchen, scheitere aber aus diversen Gründen. Ich gehe sogar ein weiteres Mal in die Abfertigungshalle, die immer noch voller Menschen ist, von denen leider kein einziger hinter dem Schalter einer Mietwagenfirma sitzt. Die „Saisonöffnungszeiten“, so verkünden unisono alle Schilder, umfassen keine Sams- und Sonntage.
Mit der Deutschen Bahn wird es auch nix mehr. Die Anschlüsse sind einfach zu knapp bzw. zu spät. In der Warteschlange gibt es inzwischen neue Infos. Die eine ist, dass die Schalter jetzt geschlossen werden und die andere, dass alle Passagiere von Lufthansa informiert werden sollen, wie es weiter geht bzw. wie sie umgebucht werden. Nur tut sich da überhaupt nichts.
So völlig informations- und ahnungslos ist mir nur noch zum Heulen zumute. Hier bewundere ich Petra, die es irgendwie schafft ruhig zu bleiben. Sie bringt noch ein Taxi ins Spiel und von dort ist es nur noch ein kleiner gedanklicher Schritt, bis sie die Idee hat, meinen kleinen Bruder zu fragen, ob der uns fahren würde. Mehr als „Nein“ sagen kann er nicht.
Ich rufe ihn an, er meint, er ruft in fünf Minuten zurück und sagt dann zu. Eigentlich wollte er noch mit seiner Frau klären, ob es machbar ist, hat aber keinen erreicht und dann kurzentschlossen geholfen.
Er sammelt uns am Flughafen ein und das erste was er sagt ist, dass er namentlich im Reisebericht erwähnt werden möchte 😉. Also Volker, vielen, vielen lieben Dank, dass du unser „Retter in der Not“ gewesen bist. Er und sein Kia „Bolek“ (Kumpel von Lolek und aus Polen und auch eine Geschichte für sich) bringen uns sicher, flott und kurzweilig nach München.
Ich versuche unterwegs weiterhin an Informationen zu kommen und irgendwann meldet mir tatsächlich die App, über die ich vor ein paar Tagen die Sitzplätze ausgesucht habe, dass wir umgebucht sind auf einen Nachmittagsflug nach Frankfurt um von dort dann morgen nach Las Vegas geflogen zu werden.
Nun bekomme ich wieder Panik, weil ja mit Sicherheit unsere Plätze heute von München aus storniert sind. Ich brauche mehrere Anläufe, um an der Hotline von Miles & More unsere Umbuchung wieder rückgängig zu machen. Es klappt, auch wenn im Moment keine Plätze vergeben werden können. Das lässt sich dann in München sicherlich klären.
In München angekommen nutzen wir „Kiss & Fly“, wobei Volker gleich meint, aufs Küssen verzichten zu wollen und fliegen könnten wir auch alleine.
Wir suchen den Bereich, wo Eurowings Discover seine Schalter für den Check-In betreibt und finden ihn dann auch mit etwas Mühe. Hier ist es absolut leer und wir werden sehr freundlich eingecheckt. Das tut nach den bisherigen Erfahrungen richtig gut. Unsere Plätze sind allerdings vergeben. Die neu zugewiesenen aber sogar besser, denn jetzt sitzen wir neben- statt wie vorher hintereinander.
Auch hier muss die Kühlbox noch beim Sperrgepäck aufgegeben werden, ehe wir durch die Sicherheitskontrolle gehen. Danach noch die Passkontrolle und wir sind, mit viel Lauferei zwischendurch, endlich am Gate. Dass das alles eine knappe Kiste war, zeigt sich jetzt, weil wir nur 15 Minuten warten müssen, bis das Boarding beginnt.
Mit etwas Verspätung geht es dann los. Das Personal ist sehr nett, das erste Essen sehr lecker, das zweite Essen vor der Landung überzeugt mich nicht. Der kurze Schlaf auf den flachen Business-Class-Sitzen ist wiederum erholsam.
21:25 Uhr Ortszeit von Las Vegas sollen wir laut Flugplan landen. Trotz der Verspätung in München sind wir schon 21 Uhr gelandet. Der Ausstieg verzögert sich allerdings, weil die Fluggastbrücke nicht so will, wie sie soll. Letztlich ist der Vorsprung dadurch wieder hinfällig.
Da wir ziemlich weit vorn gesessen haben, kommen wir auch schnell aus dem Flieger und sind dementsprechend bei den ersten, die bei der Immigration ankommen. Schon 15 Minuten nach dem Verlassen des Fliegers sind wir eingereist.
Am Gepäckband drehen schon die Kühlbox und die Koffer ihre Runden, so dass auch dort alles flott geht und wir mit kurzem Toilettenstop zwischendurch zum Mietwagen-Shuttle gehen. Auch das hat scheinbar nur noch auf uns gewartet und ist mit uns an Bord sofort gestartet.
Unser Auto habe ich dieses Mal bei AVIS über billiger-mietwagen.de gebucht. Hertz wollte permanent Preise haben, die wir nicht bereit waren zu zahlen. Leider muss ich bei AVIS zum Schalter, um den Vertrag zu bekommen und kann nicht, wie anderswo, direkt zum Auto. Ein paar Minuten muss ich hier warten und auch der Anmietprozess zieht sich ein wenig. Ich mache Smalltalk mit der Mitarbeiterin und sie meint, wir hätten am gleichen Tag Geburtstag. Ich bescheinige ihr noch, dass ihr Geburtsjahr aber bestimmt noch nicht lang her ist und sie macht sinngemäß das gleiche bei mir.
Ohne weitere Aufschwatzversuche bekomme ich den Vertrag und die Stellplatznummer und dort wartet dann ein Chrysler Pacific in weiß mit gerade mal 8 Meilen auf dem Tacho und integriertem Neuwagenduft. Auch scheint aller möglicher technischer Schnickschnack an Bord zu sein, so dass ich weniger sauer über den Preis bin. Mit dem Wägelchen halten wir es knapp drei Wochen aus.
Bis zur Ausfahrt aus dem Parkhaus sind seit dem Verlassen des Flugzeugs etwas mehr als eine Stunde vergangen, was für uns rekordverdächtig schnell gewesen ist.
Die amerikanische Telefonkarte liefert uns die Konnektivität und wir lassen uns mit Googles Hilfe zum Hotel navigieren. Dort noch Einchecken, das Gepäck aus dem Auto holen und kurz melden, dass wir angekommen sind. Außerdem muss ich gleich schauen, ob Volker (der Auto-Pilot) wieder heil zuhause angekommen ist. Er ist es und meinte nur noch, dass er dies aber nicht jedes Wochenende braucht.
23:30 Uhr sind wir dann auf dem Zimmer, duschen und gehen ins Bett. Morgen wird dann der Ersteinkauf erledigt und je nach Tagesform möchte Petra schon mal ein Outlet-Center inspizieren. Den ganzen Tag draußen trauen wir uns bei den Temperaturen noch nicht zu…