Hero of the day
Ohne Wecker werden wir heute beizeiten wach. Obwohl das Hotel an der Durchgangsstraße liegt war es doch eine recht ruhige Nacht.
Nach dem wir im Zimmer gefrühstückt haben, packen wir Wasser, Proviant und Wanderschuhe ein und brechen auf in den Canyonlands Nationalpark. Ich habe mir im Vorfeld ein Ziel recherchiert, welches uns ohne große Wanderungen ein paar schöne Blicke auf Arches und Indianermalereien bieten soll. Die Zufahrt geht allerdings ein paar Meilen durch die Natur und man benötigt ein Permit (auf Deutsch Erlaubnis) um mit dem Auto dorthin zu kommen.
Das Permit habe ich bereits am Vorabend online beantragt und erhalten. Wir müssen nur vorher ins Visitor-Center, um uns die aktuelle Kombination für ein Zahlenschloss am Gatter des Lavender-Canyons abzuholen.
Auf dem Weg dorthin kommen wir am Newspaper Rock vorbei, wo es eine etwas ältere „Tageszeitung“ zu besichtigen gibt. Man kommt oft ins Grübeln, was die eine oder andere Zeichnung denn bedeuten soll. Genauso wundere ich mich über unterschiedlichste Zehen- und Fingerzahlen. Wobei sich damit vielleicht erklären ließe, warum die Verkäuferin im Monument Valley ihre Schwierigkeiten mit der Rechnerei hatte .
Newspaper Rock
Gab es früher schon Armbanduhren?
Füße mit sechs, fünf…
..und vier Zehen
Danach geht es weiter durch den Nationalpark zum Besucherzentrum. Ich bekomme das Permit mit der Kombination und wir machen noch ein kurzes Picknick bevor wir aufbrechen.
Kurz vor dem Abzweig in den Canyon befindet sich eine Tagesbaustelle, die wir aber nicht mehr passieren müssen. Ein erstes Gatter an der Straße ist für jeden passierbar, denn die ersten Meilen der Zufahrt liegen noch außerhalb des Nationalparks. Bis zum Gatter mit dem Schloss kommt man auch ohne Permit, danach muss man dann entweder zu Fuß gehen oder sich die Genehmigung für die Einfahrt holen.
Die ersten Meter sind ziemlich ruppig. Da wir aber erst gestern ähnlich rauhe Wege hatten, ist das alles kein Problem. Danach geht es durch einen trockenen Flusslauf (Wash) und auch dieser Teil lässt sich gut fahren. Aus dem Wash muss man dann wieder raus und hier hätte ich schon ins Grübeln kommen sollen. Erst im zweiten Anlauf komme ich die kleine Anhöhe hoch. Danach geht es dann auf einem schmaleren Pfad mit sandigem Boden weiter. Bei der nächsten Anhöhe streikt Petra allerdings und ich gebe ihr recht, das Ganze wird zu offroadig und ehe wir später noch mehr Probleme bekommen, beschließen wir umzukehren. Allerdings kann ich hier nicht wenden, also fahre ich ein Stück zurück und Petra weist mich ein. Das klappt ganz gut, bis ich an der Stelle, wo ich der Meinung bin wenden zu können, einen Fehler mache. Noch ehe ich ganz erfasse, was passiert ist, stecken wir fest.
Erst denken wir, dass wir uns selbst wieder aus dem Sand bekommen, aber jeder Versuch führt zu noch mehr Problemen. Nach zwei Stunden geben wir dann auf und fügen uns in das Schicksal Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Im Visitorcenter wurde schon auf Abschleppkosten von bis zu 1.500 $ hingewiesen, aber was soll’s wenn keine andere Option mehr besteht.
Wir schnappen uns Wasser und die wichtigsten Dinge, die nicht im Auto bleiben sollten und marschieren etwa zwei Meilen zurück zur Straße. Die nächsten Aktionen sind dann eine Verknüpfung von vielen glücklichen Umständen.
Wir sehen gerade noch zwei von den Bauarbeitern, die die letzte Maschine auf einen Anhänger bugsieren und machen auf uns aufmerksam, so dass sie noch warten. Leider haben sie, wie wir auch, kein Mobilnetz und nach kurzer Diskussion wird uns klar, dass wir die besten Chancen auf Hilfe in der Needles Outpost haben würden. Um dorthin zu kommen müssen wir trampen, denn es sind knapp 8 Meilen bis dahin. Wieder haben wir Glück und das erste Auto hält auch gleich. Es sind Vater und Tochter, die zum Hiken in den NP wollen. Sie machen für uns den kleinen Umweg zur Outpost. Unterwegs schwatzen wir über unsere Misere und ihre Pläne und schwuppdiwupp sind wir schon da. Wir bedanken uns tausend Mal und wünschen ihnen ein paar schöne Wanderungen.
In der Outpost schildern wir unser Problem. Eigentlich erhoffe ich mir Unterstützung bei der Organisation einer Abschleppfirma. Der Inhaber Kalab telefoniert zunächst auch, scheint aber irgendwie keinen rechten Erfolg zu haben. Nachdem wir dann noch einmal erklären, wo wir stecken geblieben sind, meint er, dass er das bestimmt mit seinem Truck auch hinbekommt. Er besorgt ein Seil und Ketten, lädt uns in den Wagen und ab geht’s.
Bevor er sich dann in den sandigen Teil des Weges begibt, lässt er noch Luft aus den Reifen. Ich wusste auch, dass man das macht, wenn man z.B. in Dubai über die Dünen fahren will. Nur ist mir das vorher nicht für uns in den Sinn gekommen.
An unserem Auto angekommen scheint der Plan erst mal zu scheitern, da seine Haken und Schäkel nicht an die Abschleppöse am Auto passen. Auch die Bemühungen zu dritt das Auto frei zu bekommen scheitern. Als ich schon aufgeben wollte, legt er sich noch mal unters Auto und entdeckt eine weitere Möglichkeit, den Haken zu befestigen.
Nun geht alles ganz schnell. Petra hält das Seil straff und Kalab befestigt es an seiner Anhängerkupplung. Ich steige ins Auto und solbal dich spüre, dass unser Auto gezogen wird gebe ich entsprechend Gas und eh man sich’s versieht stehen wir wieder auf halbwegs festem Boden.
Unser Hero of the Day
Mit vereinten Kräften
Noch ein Ruck und der Pfadfinder ist wieder frei
Wir sind unendlich erleichtert und dankbar, mir kommen sogar ein paar Tränen. Als wir auf die Bezahlung zu sprechen kommen meint Kalab nur, das wäre schon o.k., dafür wäre ja sein „Außenposten“ da. Wir wollen uns nicht drauf einlassen und weisen darauf hin, dass wir auf jeden Fall in der Outpost per Kreditkarte zahlen. Kalab meinte nur, dass wir schon zur Outpost zurücksollten, da wir auch von unserem Auto die Luft aus den Reifen gelassen haben und damit nun nicht unbedingt ewig über den Highway fahren sollten. Aber bezahlen ist nicht!
Also ging es zurück, ich habe die Reifen aufgepumpt und Petra hat sich mit Kalabs Frau unterhalten und gemeint, dass er unser „Hero oft he day“ gewesen ist. Wir haben beim Rettungsversuch dann auch ein paar Bilder und ein kleines Video gemacht, was wir ihm noch auf seinen Rechner gespielt haben. Am Ende hat Petra unser letztes Bargeld zusammengekratzt und ihm zumindest 50$ in die Hand gedrückt, die er dann nach kurzem Protest auch angenommen hat.
Dem Auto hat die ganze Aktion nicht geschadet. Kein Kratzer, kein Schaden am Spoiler, nix. Wir sind bis auf den zwischenzeitlichen Stress und ein paar Blessuren durch die eigenen Rettungsbemühungen auch unbeschadet aus der Sache rausgekommen und werden uns auch die nächsten Tage immer wieder vor Augen führen, wieviel Glück wir eigentlich hatten.
Für uns ist dann der Tag gelaufen und wir fahren am späten Nachmittag wieder ins Hotel. Eines hat der Tag auf jeden Fall gebracht. Ich bin von Ambitionen zu Ausflügen ins Gelände kuriert. Wenn ich sowas noch mal vorhabe, dann nur über einen Tour-Anbieter der das professionell macht.